Praxismanagement 15.05.2017

Privatpatienten: Wer sie sind und wo man sie wie findet

Oliver Löw
Oliver Löw
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Privatpatienten: Wer sie sind und wo man sie wie findet

Foto: © sanneberg – Shutterstock.com

Wie kann ich mehr Privatpatienten gewinnen? Dies beschäftigt viele Zahnärzte. Und vermutlich ebenso viele Zahnärzte werden die Erfahrung gemacht haben: Man findet nur wenige konkrete Antworten auf diese Frage, wenn man einmal von den grundsätzlichen Ratschlägen – stimmige Außendarstellung, gutes Google-Ranking, gute Be­wertungen, optimale Patientenbetreuung – absieht. Die erfolgreiche Akquise von Privatpatienten beginnt jedoch früher. Und zwar mit den Fragen: Wer sind Privatpatienten und wie und wo erreiche ich sie?

Aktuell gibt es in Deutschland circa 8,8 Millionen Vollversicherte in der pri­vaten Krankenversicherung.1 Gemessen an der Gesamtbevölkerung von 82,2 Millionen ist somit etwa jeder zehnte Bundesbürger ein Privatpatient.Die Quote schwankt von Region zu Region jedoch erheblich: Während Schätzungen zufolge im Landkreis Karlsruhe deutlich mehr als 20 Pro­zent privatversichert sind, kommen insbesondere Regionen in den neuen Bundesländern oft nur auf eine Quote von maximal 8 Prozent.2 Dass es zahnärztliche Kollegen aus den alten Bun­desländern damit wesentlich ein­facher hätten, Privatpatienten zu ge­winnen, lässt sich anhand dieser Zah­len jedoch nicht pauschal sagen, da na­tür­lich auch die Zahnarztdichte der jeweiligen Region berücksichtigt werden muss.

Unabhängig von der Region zeigt sich aber: Das Risiko eines hohen Streuverlustes ist vermeidbar, wenn man sich für Marketingmaßnahmen bzw. Kommunikationskanäle entscheidet, die speziell auf die Zielgruppe „Privatpatienten“ ausgerichtet sind.

Wer sind Privatpatienten?

Viel wichtiger ist deshalb zunächst die Frage: Wer sind Privatpatienten eigentlich? Aufschluss darüber gibt der Verband der Privaten Kranken­versicherungen3:

Mitgliederstruktur der privaten Krankenversicherung

Gruppe Anteil in %

  • Beamte und Pensionäre 42,0
  • Nichterwerbstätige (inkl. Kinder) 19,9
  • Selbstständige 15,7
  • Angestellte 11,6
  • Rentner 7,5
  • Studenten 2,9
  • Arbeitslose 0,2

Ebenso interessant ist natürlich die Frage: Wie hoch ist der Anteil der Privatversicherten innerhalb der jeweiligen Gruppen? Auch dazu gibt es Zahlen. So sind rund 85 Prozent der Beamten4, 45 Prozent der Selbstständigen und lediglich 9 Prozent der Arbeitnehmer Mitglied einer privaten Krankenversicherung.5

Diese Zahlen geben bereits eine erste Richtung vor, in die gezielte Marketingkampagnen gehen sollten, um Privat­patienten zu akquirieren.

Wie erreiche ich Privatpatienten?

Es gilt also, herauszufinden, wo und über welche Kanäle Personen aus den genannten Kreisen am ehesten angesprochen werden können. Geht man hier auf die fachliche Ebene, sind dies unter anderem Fachmagazine, Fachportale, Vereine oder „Clubs“, die es im Hinblick auf Marketingoptionen zu recherchieren und zu bewerten gilt. Konzentriert man sich beispielsweise auf Selbstständige und gut verdie­-nende Führungskräfte, können Businessclubs, Networking-Veranstaltungen, Interessensgemeinschaften, Verbände und Kammern genutzt werden, um mit der Zielgruppe in Kontakt zu kommen – beispielsweise anhand von Sponsoring-Maßnahmen oder (noch besser) indem man sich aktiv einbringt (z.B. durch Vorträge oder gemeinsame Aktionen).

Tipp: Privatpatienten über soziale Medien ansprechen

Facebook und Privatpatienten? Tatsächlich besitzt gerade diese Kom­bi­nation viel Potenzial. Warum? Weil Facebook seine Nutzer in der Regel sehr gut kennt. Neben Vorlieben für Vereine, Marken, Musik oder Filme, die dort gerne preisgegeben werden, kennt Facebook auch fachliche Interessen, die Berufsgruppe, Qualifikationen oder sogar den Arbeitgeber der User (sofern diese Angaben gemacht wurden).

Für Werbetreibende bedeutet dies: Wenn man möchte, dass nur Selbstständige und/oder Beamte mit einer Facebook-internen Werbemaßnahme erreicht werden, kann dies so ein­ge­richtet werden. Die Zuspitzung auf eine bestimmte Klientel lässt sich sogar noch verfeinern – auch das Alter, Geschlecht, der Wohnort oder ob jemand kürzlich den Wohnort gewechselt hat, kann im Vorfeld als Kriterium definiert werden. Kurzum: Gerade Facebook eignet sich aus­gesprochen gut dafür, eine bestimmte Zielgruppe ohne großen Streuverlust zu erreichen. Und selbst auf wie viele Personen die definierten Zielgruppenkriterien zutreffen, zeigt Facebook im Laufe der Kampagnenplanung an.

Ein Beispiel:

Um vorwiegend Personen aus den oben genannten Kreisen anzutreffen, könnte man beispielsweise folgende Zielgruppenkriterien definieren:

Alter: 25 bis 65
Berufsgruppe: Selbstständige, Geschäftsführer, Inhaber, Beamte

Die folgende Anzahl an Personen lässt sich über diese Kriterien in den fol­genden Städten erreichen:

Berlin 57.000
München 43.000
Köln 40.000

Natürlich lässt sich auch hier ein gewisser Streuverlust nicht komplett vermeiden – schließlich ist nicht jeder Selbstständige, Geschäftsführer oder Beamte automatisch privatversichert. Aber selbst wenn man hier von einem sehr niedrigen Anteil von nur 20 Prozent privat Versicherten ausgeht, ist diese Quote im Grunde schon dop­pelt so hoch wie die einer ungezielten Maßnahme, bei der man alle Bevöl­kerungsgruppen und somit nur 10 Prozent der Privatversicherten erreicht.

Voraussetzung für eine solche Kam­pagne ist natürlich, dass die Praxis bereits bei Facebook aktiv ist oder die Maßnahme zum Anlass nimmt, dort mit einer Fanpage aktiv zu werden.

Fazit: Marketingkampagne sollte gut durchdacht sein

Egal, ob es sich um eine Marketing­kampagne nur für Privatpatienten oder alle Patienten handelt: Unüberlegte Schnellschüsse ohne zugrunde liegendes Konzept sind grundsätzlich nie empfehlenswert. Vielmehr sollten zunächst die Marketingmöglichkeiten – insbesondere vor Ort – genau geprüft werden. Erst daraus sollten sich konkrete Maßnahmen ableiten, die im Optimalfall längerfristig ausgerichtet sind und sich gegenseitig ergänzen. Praxismarketing-Agenturen, die auch beratend und konzeptionell tätig sind, können Zahnärzte bei der Recherche, Ideenentwicklung und Umsetzung unterstützen.

Eine ausführliche Literaturliste finden Sie hier.

Der Artikel ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis 5/2017 erschienen.

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