fbpx
Podcast-Folge

Mit ganzheitlichem Marketing zur Marke und zu mehr Patientenzufriedenheit. – Interview mit Dr. Marie-Catherine Klarkowski

Dr. Marie-Catherine Klarkowski

Dr. Marie-Catherine Klarkowski ist Kieferorthopädin und hat es mit einem außergewöhnlichem Praxiskonzept bereits selbst zur Marke geschafft. Die von ihr gegründete, bekannte kieferorthopädische Alpenstyle-Praxis „relax & smile“ hat sie mittlerweile erfolgreich verkauft. Heute hilft sie u.a als Business-Mentorin anderen Praxisinhabern und macht diese zum Markenbotschafter ihrer Praxis! In dieser Folge sprechen wir über die Erfolgsfaktoren für einen Markenaufbau und insbesondere welche Rolle dabei ein ganzheitliches Marketingkonzept, die Integration der Mitarbeiter und das Bereitschaft zur Schaffung einer außergewöhnlichen Patientenreise spielen.

Klicken Sie auf den Button, um den Podigee Podcast Player zu laden.

Podcast Player laden

BUCH KUNDENGEWINNUNG 4.0
👉 https://praxismarketing.digital/Kundengewinnung-4-0

WEBSEITE DR. KLRAKOWSKI / KLARCADEMY
👉 https://www.dr-klarkowski.de/

DR. KLRAKOWSKI/ INSTAGRAM
👉 https://www.instagram.com/klarcademy

DR. KLRAKOWSKI/ LINKEDIN
👉 https://www.linkedin.com/in/marie-catherine-dr-klarkowski-71b739b6/


KOSTENLOSE FALLSTUDIE:
Sichere Dir die Fallstudie zur 360°zahn Erfolgsstory
👉 praxismarketing.digital/360gradzahn-erfolgsstory

FACEBOOK GRUPPE DIGITALES PRAXISMARKETING:
Erhalten Tipps & Tricks zum Thema digitales Praxismarketing
👉 praxismarketing.digital/Digitales-Praxismarketing-Gruppe

FOLGE PRAXISMARKETING.DIGITAL:

Für wen in deinem Bekannten- oder Kollegenkreis könnte dieser Podcast auch spannend oder wertvoll sein? Nutze einfach den Link zum Teilen:
👉 praxismarketing.digital/podcast


Aus dem Inhalt dieser Episode:

Mit ganzheitlichem Marketing zur Marke und zu mehr Patientenzufriedenheit

Im Interview mit Dr. Marie Catherine Klarkowski: sie ist Kieferorthopädin, die ihre Praxis vor einiger Zeit erfolgreich verkauft hat. Der ein oder andere kennt sie eventuell als Dr. Dirndl, denn sie hat ein ganz besonderes Praxiskonzept aufgebaut. Heute gibt sie ihre langjährige Erfahrung als Praxiscoach und Beraterin weiter. Sie ist auch Contentcreator für ein Softwareunternehmen und einen Luxusblog. Sie ist ganz tief in den Themen Marketing und Markenaufbau drin. Wir erfahren im Interview viel über ihre Geschichte und das, was sie in all‘ der Zeit gelernt hat.

Sascha: Hallo Marie, ich freue mich total über dieses Interview. Du bist eine der ersten Personen, die mir in einer Instagram Story gezeigt hat, dass mein Podcast gehört wird. In deiner Story warst du unterwegs und hast dein Amaturenbrett gefilmt. Da habe ich meinen Podcastnamen gesehen und du hast auch dazu geschrieben „Unterwegs und ich höre mal wieder den Podcast Praxismarketing Digital“. Das war das erste Mal, das es jemand geteilt hat. Für mich war das sehr spannend. Ich hatte dir zwar gefolgt, aber hatte keine genaue Ahnung, wer du eigentlich bist und was du machst. Ich habe mir das dann genauer angeschaut und gemerkt: Oh, sie lebt schon das und hat das vollzogen, was ich versuche mit dem Podcast zu zeigen – also, eine Marke aufbauen. Wenn man denn dem Internet glauben darf – denn das mache ich ehrlich gesagt vor jedem Interview: einmal die Person googlen und schauen, was man so findet. Man findet dann viel zu deiner Alpenpraxis und Artikel wie „Die Praxis als Marke“. Du hast da mit Sicherheit schon einige Interviews und Statements zu gegeben, aber ich würde dich bitten, dich einmal vorzustellen und uns zu erklären, wie es dazu kam, dass wir alle diese Dinge im Internet über dich finden können.

Marie: Hallo Sascha, ich freue mich total, dass wir jetzt endlich sprechen, nachdem ich dich auf verschiedenen Medien schon länger verfolge.

Mich kurz vorstellen könnte schwierig werden, aber ich umreiße das mal so: ganz klassischer Weg, Zahnmedizinstudium, kieferorthopädische Facharztausbildung angefangen in Berlin, dann die übliche Suche – das Nadelöhr, die Klinikstelle, die man für die Facharztausbildung für Kieferchirurgie braucht. Das hat mich nach München gebracht. Um das Ganze etwas abzukürzen: die Klinik in München ist direkt am Oktoberfestgelände, an der Wiesn. Das war für mich eine Offenbarung oder irgendwas ist da bei mir getriggert worden. Mit meiner Berliner Historie war es für mich unvorstellbar wie man im Dirndl S-Bahn, U-Bahn fahren kann, zur Vorlesung, zur Arbeit damit gehen kann. Und wie gesagt, das hat etwas bei mir getriggert. So ist das Thema Dirndl, Zahnmedizin und Kieferchirurgie bei mir verknüpft worden. Mit dem Gedanken der Praxisgründung war mir klar: ich möchte nicht den normalen Designstyle haben – einmal geplant passt es fürs Leben, möglichst neutral, möglichst grau, die üblichen Designelemente – das war nicht mein Ding. Ich habe dann überlegt, was mir an München und Bayern besonders gefällt. Das ist dieser Hang zur Tradition, dieses ein bisschen bayrisch angehauchte, das alpine. Da habe ich mir einfach Inspiration geholt, von Wellnesshotels, von Shops, von Restaurants, alles, was mich angesprochen hat, habe ich dann gesammelt – noch nicht als Pinterest Moodboard, sondern mit Zeitungsartikeln und meinen eigenen Fotos. 2009 war dann der Umbau der Praxis, die ich 2004 übernommen habe. Ich konnte meinem Team dann sehr präzise sagen: „So soll die Praxis aussehen“ und die haben es wunderbar umgesetzt. Soweit die Kurzstory Dirndl und Alpenstyle. Und dann war es ein bisschen ein Selbstläufer. Ich will ja nicht die ganze Geschichte auf einmal erzählen, aber dann war da der Alpenstyle. Auch schon in der alten Praxis, die wirklich noch sehr oldschool und 70er war, hatten wir schon mit Ikea ein bisschen gepimpt, unsere ersten Dirndl in orange für Praxisevents getragen – zum Beispiel wenn wir zu den Wiesn gegangen sind, wenn wir gemeinsame Dinge unternommen haben. Einfach schon damals für das Teamgefühl und um den Zusammenhalt auszudrücken. Und mit dem Umzug in die neuen Praxisräume war es eigentlich klar: Wir müssen das Dirndl immer anziehen. Am Anfang waren wir etwas skeptisch, haben angefangen mit Hose und Trachtenblüschen, aber dann hat es sich wirklich herausgestellt: wir sind die Alpenstyle Praxis und das Dirndl ist unsere Arbeitskleidung.

Sascha: Das heißt du hast erst eine Praxis ganz normal übernommen, dann habt ihr in den Räumen aber auch schon angefangen, das Konzept umzusetzen. Und dann gab es einen Umzug in neue Räumlichkeiten und da wurde das Konzept dann vollständig übernommen.

Marie: Genau, ich habe 2004 eine Praxis übernommen, wirklich im 70er Jahre Style. Da wurde 20 Jahre lang nichts gemacht, warum auch, funktioniert ja alles. Ein Computer an der Rezeption, vier Behandlungsstühle in einem Raum wie es damals üblich war. Ich habe es dann mit wenig Aufwand versucht, ein bisschen zu pimpen – ein paar Poster, ein bisschen Ikea. Aber 2004 war ein großes Jahr der Bemaabwertung. Insofern bin ich gleich richtig eingestiegen und musste verkaufen lernen. Das war das Jahr, in dem es anfing mit den außervertraglichen Leistungen. Vorher hat man mal einen Retainer außervertraglich angeboten, vielleicht noch eine Funktionsanalyse. Und dann ging es ans Eingemachte. Das war für mich auch der richtige Moment: ich musste von Anfang an lernen, ein Konzept aufzubauen, zu verkaufen, mit meinen Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen, die auch verkaufen und beraten lernen mussten. Das war ja vorher kein Thema in der Praxis. Für eine Mitarbeiterin ist es schwierig, wenn sie je nach Lage der Praxis ihr Monatsgehalt als außervertragliche Leistung einer Mutter verkaufen oder erklären soll. Das ist der Prozess, der damals angestoßen wurde: dass man sich wirklich konzeptionell aufstellen muss, dass man ein Konzept haben muss, damit der Praxisalltag gewährleistet ist und das Praxiskonzept funktioniert.

Sascha: Das heißt auf der einen Seite hattest du eine Inspiration und wolltest einiges neu machen. Es gab aber auch die Rahmenbedingungen, die sich geändert haben. Du hast darauf reagiert, indem du ein neues Konzept umgesetzt hast. Wie tief warst du damals schon im Thema Marke, Marketing drin? Hattest du Vorkenntnisse oder hast du dich durch die externe Veränderung und durch die Notwendigkeit dann erst damit beschäftigt? Denn jetzt bist du ja sogar Praxiscoach und berätst andere Praxen, hast an einem Buch mitgeschrieben, wo es genau um solche Themen geht wie Kundengewinnung, Positionierung. Wie war dein Wissensstand denn damals?

Marie: Da hat sich sicherlich einiges an Wissen geändert. Ich habe aber auch viel intuitiv entschieden. Einiges an Vorwissen kam aber aus meinen Studentenjobs. Ich habe ja in Berlin studiert, habe dort beim Partyservice gearbeitet, vom Roten Rathaus oder von Botschaften. So war zum einen der Servicegedanke für mich schon immer ein Thema – und auch, in hübschen Kostümen zu präsentieren. Und dann das Thema Marketing: wer kann es besser und hat es allen gezeigt, als Red Bull? Ich habe während meiner Studienzeit für Red Bull gearbeitet. Ich habe einen dieser Minis gehabt mit einer großen Dose drauf und war dann nicht nur bei meinen Kommilitonen immer sehr beliebt. Wie beim Bundespräsidenten, wenn die Fahne draußen weht, Marie ist da, wenn der Red Bull Mini draußen steht. Und dann war klar, im Labor unten, die Tiefkühler sind gefüllt mit Red Bull Dosen. Da war ich schon immer sehr beliebt. Das war der Teil im Studium, aber wir sind auch auf tolle Veranstaltungen gegangen, ob es die Bambi Verleihung waren, Sportevents, Konzerte, wo wir für Red Bull und später für Carpe Diem, Kombucha. Da habe ich dieses auf Leute zugehen, etwas erklären, Produkte an Kunden bringen, nebenbei locker lässig gelernt. Es war dann klar, dass ich dieses Wissen intuitiv auf die Praxis übertragen habe.

Sascha: Das heißt du hast keine spezielle Marketing Ausbildung oder dir Podcasts reingezogen, sondern es war sehr intuitiv und durch deine Erfahrung im Verkaufen. Hat das Thema Internet schon eine Rolle gespielt, bevor du diesen Switch gemacht hast? Wie war die Praxis da aufgestellt? War da schon eine Website da?

Marie: Bei meinem Vorgänger definitiv nicht, für mich war das aber schon ein Thema. Ich wusste relativ schnell, dass ich das angehen muss. Es war sehr rudimentär, wenn man das heute vergleicht, aber immerhin, die wenigsten hatten ja überhaupt eine Website. Wir haben dann ein ganz tolles Shooting mit einer Patientin gemacht. Die erste Website war noch ohne Dirndl, da waren wir noch nicht so mutig, da war das Konzept auch noch nicht so ausgereift. Es war alles in orange, das waren damals die Praxisfarben. Und wirklich erst 2009 mit dem Umzug und dem neuen Konzept war dann klar, dass eine neue Website entstehen muss und die ist dann mehr auf diesen Alpinenstyle und den USP auch eingegangen und hat mich und das Team mehr in den Mittelpunkt gestellt.

Sascha: Aber habt ihr schon gezielt Patientengewinnung online gemacht? Welche Rolle hat das Digitale damals für euch gespielt, habt ihr schon Patienten über neue Medien gewinnen können?

Marie: Wir waren definitiv sichtbar, aber wenn man das mit der heutigen Strategie vergleicht, sicherlich ganz anders aufgestellt. Von AdWords und so weiter war damals noch gar keine Rede. Mein Weg war da auch eher intuitiv oder so, wie es sich durch die Umstände ergeben hat. Ich bin auch eher über Print gegangen, wie man es heute weniger macht. 2011 kam der Ritterschlag, in München gibt es überall solche Zeitungsaufsteller, wo man sich die Zeitung einfach rausnehmen darf. Dort waren wir als Teaser vorne drauf „In dieser Praxis wird gejodelt“ – ich meine besseres Marketing in der ganzen Stadt gibt es nicht. Auch die Bildzeitung hat mal geschrieben „Die schönste Liebeserklärung Preußens an Bayern“ sozusagen. Warum habe ich mich so entschieden – ich glaube ich wollte es einfach mal den Leuten zeigen, wie ich als Berlinerin das Thema Dirndl interpretiere.

Sascha: Wie viel Mut hast du gebraucht, diesen Schritt zu gehen? Ich vermute mal, das war damals noch schwieriger als heute. Was hat das Umfeld gesagt, fangen wir mal mit Kollegen an?

Marie: Die Kollegen waren nicht ganz so begeistert beziehungsweise sie waren etwas verwundert, was ich da veranstalte. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen. Ist vielleicht für das klassische Überweisermarketing nicht unbedingt der beste Weg. Darüber muss man sich im Klaren sein, wenn man anders ist, dass man als Mensch polarisiert, gerade mit dem Hintergrund in Bayern. Aber das war es mir wert und ich habe das für mich nicht so in den Vordergrund gestellt, was die Risiken sind, was ich mir kaputt mache. Ich wollte meine Patienten erreichen und das Ganze ist ja auch ein wichtiger Punkt: es muss authentisch sein, es war nicht aufgesetzt. Man könnte denken: hat sie da nur etwas veranstaltet, um sichtbar zu werden – sowas kann man ja reininterpretieren wie man will. Aber wie gesagt, es ist ein Prozess, es ist ein Weg, man muss mutig sein, andere Wege zu gehen und dafür war ich bereit und auch das Team hat hinter mir gestanden. Die haben alles mitgemacht, von der Kutschfahrt durch München zu allen tollen Events. Als Alleinvorstellung geht es natürlich nicht. Wenn das Team nicht hinter dir steht, nützt die feschste Lederhose beim Chef oder das beste Dirndl bei der Chefin nicht.

Sascha: Genau darauf wollte ich auch im zweiten Schritt hinaus. In deinem Buch hast du auch darüber geschrieben, über die Touchpoints und die Momente der Wahrheit, wenn die Patienten mit der Praxis in Kontakt treten. Und da ist ja schon klar, wenn das nicht an allen Punkten umgesetzt wird, wird so ein Konzept schnell unglaubwürdig. Wenn zum Beispiel die tolle Story nur nach außen gezeigt wird, aber sobald man in die Praxis kommt, wird es nicht gelebt. Du hast gesagt, alle haben es gut mitgemacht. Aber wie bist du da vorgegangen? Bist du einfach rein und hast gesagt „So Leute, wir werden jetzt eine Dirndl Praxis und ihr macht alle mit“ oder wie war das und was waren die Herausforderungen? Hat sich das Team durch diesen Schritt geändert?

Marie: Auf jeden Fall. Es war schon ein softer Weg, angefangen von Trachtenblüschen und Tücher. Aber sie haben schon gemerkt, dass ich etwas anders mache, aber sie haben mir vertraut. Sie haben gesehen, dass sich etwas verändert – aber zum Positiven. Sie konnten sehen, die Resonanz ist gut, wir bekommen die Bestätigung, sowohl von den Patienten, als auch von der Presse und da war wirklich dieses Grundvertrauen da. Da kommen wir auch schon wieder zum Thema Strategie. Ich habe wirklich von Anfang an zweimal pro Jahr ein großes Strategiemeeting mit allen gemacht, wo man sich wirklich einen Tag Zeit genommen hat und das auch nicht in der Praxis gemacht hat, sondern im schönen Ambiente. Naheliegend im Wellnesshotel in Österreich, im Praxisambiente aber woanders, da haben wir dann auch schon die Events in Dirndln gemacht und das Konzept entwickelt. Das Team hat es dann wirklich verstanden und auch nicht als Verkleidung empfunden. Ja, das Team war auch glaube ich manchmal überfordert. Du hast angesprochen, ob das Team sich verändert hat. Das war 2009, 2010, da gab es wirklich einen Bruch. Da dachte man, Mensch, man hat alles neu alle Möglichkeiten. Ich habe das Team auch in die Planung der Praxis mit einbezogen, mit Skizzen vom Sozialraum, zu den Abläufen – sie waren in den gesamten Prozess involviert. Und trotzdem gab es dann einen Punkt, wo die Luft raus war und sie keinen Bock mehr hatten, es ihnen too much war, mit ständig neuen Techniken. Wir reden immer von außen, aber es geht ja auch um das medizinische Konzept. Wo vorher 0815 war mit Oldschool Behandlungstechniken, wurde das ganze Behandlungskonzept umgestellt. Alles, von konventionellen Brackets auf selbstlegierende, dann die Zeit mit Alignern, was heute Standard ist, fing damals erst an. Man sieht immer nur das shiny außen, aber wichtig ist eben auch das medizinische Konzept, die ganzheitlichen Konzepte, die ich in die Praxis mit reingebracht habe. Da war wahnsinnig viel Input von allen Seiten. Das fing beim Zahntechniker an, im tollen neuen Labor: „Mir ist es zu hell, hier scheint die Sonne zu sehr rein.“ Da dachte ich: „Wie?“ Das waren so die Vorboten und dann kam die erste Kündigung, dann die zweite. Aber wir haben uns zusammen gerappelt und das Beste ist: die Mitarbeiter kamen teilweise wieder. Die haben einfach mal geschaut, was draußen so los ist und wie es läuft und haben dann gemerkt: Sie hat doch Recht gehabt. So haben wir uns durch Höhen und Tiefen immer wieder zusammengerauft. Wir haben auch jenseits des Praxisalltags viele schöne Momente genießen dürfen. Das macht eben diesen Zusammenhalt aus. Alleine darüber könnte ich eine Stunde reden. Am Anfang haben wir kein Zeitmanagement, keine Stechuhr gebraucht, da war klar: wenn die Arbeit da ist, wird gearbeitet. In den Ferien macht man mal eine Stunde eher Schluss, da machen wir die Pause durch. Durch neue Mitarbeiter kamen dann Prozesse in Gang. „Der hat fünf Minuten eher Schluss gemacht, zählt das Dirndl anziehen zur Arbeitszeit oder nicht?“ Das waren für mich auch neue Momente, weil immer alles reibungslos funktioniert hat. Aber so verändert sich mit der Zeit eben der Teamgedanke.

Sascha: Du bist für mich wirklich das Paradebeispiel von dem, was ich versuche, zu lehren. Weil du eine klare Vision, ein klares Ziel hattest, eine klare Positionierung und dann bist du da strategisch rangegangen und das finde ich ganz wichtig. Oft erfahre ich leider im Alltag, dass dieses Ganze Einbinden vom Team und am Gesamtkonzept arbeiten zu kurz kommen. Klar gibt der Chef den Ton an und die Vision, aber wenn man die Mitarbeiter nicht auf dieser Reise mitnimmt, wird es auf lange Sicht nicht funktionieren. Das finde ich sehr spannend und auch wertvoll zu hören, dass du zweimal im Jahr wirklich diesen Strategietag gemacht hast. Habt ihr euch dafür auch externe Hilfe geholt von Beratern oder hast du diese Tage geleitet?

Marie: Am Anfang habe ich viel selber gemacht, um die Grundpfeiler festzulegen, Behandlungstechniken, Behandlungsphilosophie, Visionen, ein ganz wichtiges Thema, Werte, dann Schritte wie: wo stehen wir heute, wo wollen wir hin? Große Praxis, kleine Praxis, Elite, Preise – alles ein bisschen vorgezeichnet. Mitarbeiter ticken da manchmal ein bisschen anders, wenn ich sie frage: Was ist Ihre Vision? Kommt etwas wie: Ich möchte mit Ihnen alt werden. Ja, das ist ja schön. Jetzt bin ich zwar nicht in Rente gegangen, aber trotzdem eher gegangen als mancher Mitarbeiter, da habe ich deren Pläne durchkreuzt. Aber wirklich diese Visionen zu entwickeln und als die Grundpfeiler standen, damit es sich nicht immer wiederholt, auch wenn neue Mitarbeiter dazu kamen, habe ich angefangen, den halben Tag jemand Externes dazu zu nehmen. Da haben wir uns dann mal mit Neuromarketing intensiv befasst, betriebswirtschaftliche Aspekte, alles was gerade so interessant war oder wo das Team gesagt hat, es möchte mehr Input dazu haben – Verkaufstechniken, Kommunikation…da gibt es ja eine große Bandbreite, was man anbieten kann. Oft ist es dann besser, wenn da frischer Wind von außen reinkommt.

Sascha: Das finde ich sehr spannend, es geht ja auch um Positionierung und Marke und man sagt ja auch „Nein“ zu bestimmten Dingen. Man sieht, dass es sich dann intern ein bisschen durchgemischt hat. Ich habe mal in einem Interview auf Sat1 gehört, bei dem du vorgestellt wurdest, dass 1/3 mehr Patienten dazu kamen. Ich fände es spannend, von dir persönlich zu hören, was nach außen hin passiert ist mit den neuen Räumlichkeiten. Auch da wird es ja sehr wahrscheinlich Patienten geben, die nicht mehr gekommen sind oder vielleicht kam ein ganz anderes Klientel? Da würde ich gerne mal hören, wie ihr die Auswirkungen bemerkt habt. Einmal wirtschaftlich, das scheint ja gut funktioniert zu haben, aber auch das Thema Wunschpatienten und der Mut, sich abzugrenzen – man entscheidet sich ja eventuell gegen ein Klientel und sagt dafür ja zu einem anderen.

Marie: Für mich war die Ausrichtung schon weg von der klassischen Kinderkieferorthopädie hin zur Erwachsenenbehandlung schon ein Schritt, ein anderes Klientel zu erreichen. Das hat man dann sehr deutlich gemerkt, weil wir vom Praxisauftritt eher erwachsene Patienten/Frauen angesprochen haben. Auch in den Medien, wo wir präsent waren oder gezielt Anzeigen geschaltet haben, war alles eher im exklusiveren Bereich, wo man ein anderes Klientel anspricht. In dieser Zeit hat aber dieses klassische Überweisermarketing einen Bruch bekommen. In der Anfangszeit habe ich von der Kinderzahnarztpraxis, die eine U-Bahn Station weiter war, logischerweise, ohne viel zu tun, die Patienten zu bekommen. Dann fing das an mit Master of Science für Kieferorthopädie und das man Kieferorthopäden anstellen durfte und dann haben die Praxen natürlich selber Kieferorthopädie gemacht. Das würde ich auch machen, wenn ich eine Kinderzahnarztpraxis habe, das ist ganz logisch. Aber unsere klassische Überweiserstruktur hat damit dann nicht mehr funktioniert. Sprich, wir haben die Patienten direkt auf Empfehlung bekommen, die woanders nicht mehr zufrieden waren oder wo es zu schwierig war, sozusagen das, was übrig bleibt. Und wir mussten eine neue Zielgruppe suchen und das waren für uns ganz klar die Erwachsenen. Und ja, wir haben Patienten verloren, das war aber eher im Kinderbereich, wo Eltern gesagt haben: „Mit Ihrem Ausschnitt und den Dirndln, muss das sein, dass Sie sich über meinen pubertierenden Sohn beugen?“ Nein, muss nicht sein, aber in jedem Wirtshaus ist die Bedienung auch im Dirndl und da wird die Mutter auch mit ihren Kindern essen gehen. Und dann sind wir beim Thema Dirndlmode: die Blusen sind immer höher geschlossen worden und es hat mir dann auch richtig Spaß gemacht, die bis oben hin zuzuknöpfen, damit diese Argumente entkräftet sind, weil sie auch albern sind. Aber ja, es polarisiert. Aber dass wir jetzt wirklich gemerkt hätten, wir haben einen Verlust an Patienten, sie laufen uns weg, weil das hier Karneval ist – gar nicht. Ich habe es ja schon mal gesagt: es war authentisch, es war stimmig. Die Patienten sind reingekommen und haben gesagt: „Wow, sieht ja wirklich so aus wie im Internet. Vom Almdudler zum Ingwerwasser, die passenden Getränke, die passende Musik, der passende Duft – es war stimmig. Wir haben die Diskussion auch mit Patienten gehabt, die mit ihren Zahnärzten gesprochen haben, wo es hieß: „Wie können Sie dahin gehen, mit den Dirndln, wie fänden Sie das, wenn ich jetzt hier in Lederhose stehen würde?“ Und die Patienten haben dann einfach gekontert: „Fände ich toll“. Und da wussten die Zahnärzte dann auch nicht mehr, was sie sagen sollen. Und ja, ich habe diesen Neidfaktor durch zahlreiche Anzeigen zu spüren bekommen, damit muss man leben. Aber nach der x-ten Überprüfung vom Gesundheitsamt habe ich einen „Persil-Schein“ bekommen, dass alles okay ist.

Sascha: Du hast gesagt, eher Erwachsene und eher Frauen. Hattest du damals einen klaren Avatar oder eine Persona ausgearbeitet oder hat sich das eher entwickelt?

Marie: Genau, ich habe keine klassische Marketingausbildung und bin mit diesen Werkzeugen auch nicht so in Berührung gekommen. Heute – du hast es ja selber in einer deiner letzten Folgen angesprochen – würde ich das dringend empfehlen, bei einer Neugründung oder auch bei einer bestehenden Praxis, sich wirklich mal die Wunschpatienten in Form eines Avatar oder dieser Persona zu entwerfen. Ich hatte davor ehrlich gesagt nie etwas gehört, obwohl ich auch auf Marketing Fortbildungen war, aber es ist eine dringende Empfehlung

Sascha: Ja, gerade heute. Ich habe auch aufgeschnappt, dass die ersten Nachmacher versuchen, als Praxis auch so besondere Konzepte zu entwickeln. Du bist da quasi Vorreiter gewesen, die als Praxis sowas gemacht hat. Aber was ist am Markt passiert, hast du wahrgenommen, dass sich da etwas verändert hat am Markt?

Marie: Ja, das ist definitiv passiert, aber das ist ja auch eigentlich das beste Kompliment, das man bekommen kann. Wichtig ist immer, der erste zu sein. Ich habe da gar kein Problem mit, ich kenne die meisten Kollegen auch. Es ist immer, wie man es lebt und ich fasse es als Kompliment auf. Was weniger wahrgenommen wird und was ich auch gesehen habe, ist die Positionierung über „sanfte Kieferorthopädie“, die war mir wichtig. Und da kommen wir nochmal zum Thema Internet: wenn der Patient googelt, um zu schauen, was wir machen, sieht er diese Horrorgeschichten, dann sieht er Themen wie Zähne ziehen etc. Da wollte ich mit meinem Markennamen ein Gegenpool setzen und da habe ich schon gemerkt, dass es viele Nachahmer gab, die versucht haben, sanft anders auszudrücken. Aber das habe ich nicht als Konkurrenz, sondern als Bestätigung empfunden.

Sascha: Zwei Fragen noch zu dem Bereich. Auch ich propagiere ja, wenn man mit den Wunschpatienten arbeitet, hat man mehr Spaß und einen schöneren Arbeitsalltag. Kannst du bestätigen, dass es so ist? Hast du durch diese spitzere Positionierung gemerkt, dass sich der Arbeitsalltag und die Freiheitsgrade verändert haben?

Marie: Du hast von Anfang an einen anderen Einstieg. Du hast das Thema Dirndl, oder lass es eine andere Positionierung sein. Ich fand es immer langweilig, über Zähne zu reden. Und so kommst du ganz anders mit den Patienten in Kontakt. Du hast von Anfang an ein Thema – ob es die Dirndlfarbe ist, die Kollektion, wie wir darauf gekommen sind, es ist ein anderer Einstieg. Das Thema Dirndl und Optik, Fashion, ist ein Thema, aber mir war von Anfang an einfach wichtig, dass man mit dem Patienten redet und nicht so erzwungen, dass man irgendwelche Fragen stellen muss, sondern dass es sich ergibt. Und da habe ich auch tolle Mitarbeiter, die den Patienten schon ins Boots geholt haben, die wussten schon über die Scheidung oder über was weiß ich was, den Hausbau, bevor ich überhaupt ins Zimmer gekommen bin. Dieses Persönliche macht es aus. Im Fünf Sterne Hotel – die Betten sind überall weich, aber es ist die Kirsche auf dem Drink, es ist der besondere Service, das macht es aus. Und da war mir immer wichtig, zu reden, eine Beziehung aufzubauen und so haben wir ein tolles Verhältnis zum Patienten, abseits von jeder Kieferorthopädie. Eigentlich leiste ich mir auch jetzt erst den Luxus, weil ich das sonst immer strikt getrennt habe, mich mit Patienten auch privat zu treffen, einfach als Mensch, nicht als Arzt. Und das ist wirklich so die Seele der Praxis, das macht es auch, es kann noch so schön sein, es ist das Zwischenmenschliche. Und dafür braucht man auch das Team, alle müssen mitmachen, es darf nicht aufgesetzt sein.

Sascha: Okay, zwei Fragen an dich: in dieser Phase, in der die Praxis als Marke etabliert war, mit dem neuen Konzept, welche Rolle hat das das digitale Praxismarketing gespielt, was habt ihr da getan? Du hast ja die Seele der Praxis angesprochen, es kam aber ja nun so, dass du die Praxis dann verkauft hast – wie kann man denn sowas dann machen, so eine tolle Praxis verkaufen, wo die ganze Seele drin hängt, was ist da passiert?

Marie: Zur ersten Frage  – natürlich hat das Digitale eine Rolle gespielt. Als das mit Social Media aufkam, hatten wir natürlich perfektes Material, um uns sichtbar zu machen. Leider kannte ich dich damals noch nicht, mir hätte da auch eine Strategieberatung bestimmt gut getan, weil man sich da schnell verzettelt. Man sieht dann den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr, man macht dann hier ein bisschen und da ein bisschen, ohne Strategie und man versucht, über die Webagentur, je nachdem wie die aufgestellt ist, ein bisschen Input zu bekommen und nicht den Anschluss zu verlieren. Aber da hätte man im Nachhinein sogar mehr machen können, mit AdWords. Ich habs gemacht, aber alles etwas halbherzig, da hat mir der lange Atem und auch die Beratung gefehlt. Wir waren sichtbar, aber mit mehr Einsatz hätte mehr rauskommen können.

Ja, warum habe ich die Praxis verkauft? Wie du siehst, steckt da viel Herzblut drin, trotzdem war irgendwann ein Punkt, wo ich gesagt habe: es geht nicht mehr so weiter, wie ich es mir vorgestellt habe, auch im Hinblick auf das Digitale. Es war ein Punkt, wo ich mich neu erfinden und die ganze Praxisstrategie überdenken müsste. Mir hat dann ein bisschen die Puste gefehlt, ich wollte es nicht aus dem laufenden Betrieb heraus verändern, ich habe gemerkt, dass es nicht funktioniert, auch da kamen erste Teamprobleme, manche Stellen hat man nicht mehr richtig besetzt bekommen. Wir haben einen Scanner gehabt, wir haben einen Drucker gehabt, aber das war alles erst der Anfang. Und für mich war da der Zeitpunkt: ich will durchschnaufen, Zeit für meine Familie, Zeit für mich haben. Ich sage immer „etwas verspätete Elternzeit“. Es gibt ja ganz unterschiedliche Lebensmodelle, ich muss zugeben, ich war selten auf dem Spielplatz, aber dafür kann ich jetzt ganz wunderbare Dinge mit meinen Kindern machen, auch wenn es ihnen peinlich ist, mit Mama in den Club zu gehen. Es sind andere Lebensmodelle und ich finde es gut, dafür jetzt Zeit zu haben, mich zu besinnen, mich neu zu positionieren, der Familie etwas Zeit zurückzugeben. Corona war natürlich nicht eingeplant, aber ich hätte nicht gewusst, wie ich es anders hätte machen sollen, mit Praxis, mit Vollbetrieb. Die wenigsten Praxen haben ja reduziert, ganz im Gegenteil, bei einigen Praxen war es das beste Jahr ever, gerade in der Kieferorthopädie ging es steil nach oben, weil die Leute Zeit hatten und ihre Zahnspange unterm Mundschutz oder im Home Office verstecken konnten. Für mich war das der Punkt: ich bin erfolgreich, habe viel erreicht, aber will es nicht mehr in der Form. Wenn’s am Schönsten ist, soll man gehen. Genug ist der Reichtum der Weisen – da habe ich meinem Mentor angeschlossen und seinen Rat befolgt.

Sascha: Auch wenn ich es sehr schön finde, möchte ich dich gerade noch nicht gehen lassen. Ich finde es nämlich sehr spannend, über diese Story und diese Entwicklung zu reden. Wir sehen uns jetzt das erste Mal von Angesicht zu Angesicht per Video, haben vorher nur einmal telefoniert, aber ich nehme dich auch von dem, was man so mitbekommt, wahr, dass du jetzt auch in einer neuen Rolle unterwegs bist und deine ganzen Erfahrungen mitgeben kannst. Du bist Praxiscoach – was genau machst du da und was wären ein paar handfeste Tipps, wenn eine Praxis sagt, sie möchte sich überhaupt oder neu positionieren? Gibt es da eine Art Erfolgsgeheimnis? Mit all‘ deiner Erfahrung bist du da ja an einem neuen Punkt.

Marie: Mir war klar, dass nur zuhause sein nicht funktionieren wird, da wird mir schnell langweilig. Mit dem Reisen hat es dann auch nicht geklappt. Im Gespräch mit meinem Bruder kam dann die Frage „Was würdest du machen, wenn du könntest?“ und ich habe gesagt „Ich würde gerne in der Welt herumreisen und Blumenarrangements im Hotel fotografieren“ – das hat so jetzt nicht funktioniert, aber in dem Gespräch kam raus „Ich habe einen Blog, möchtest du den nicht übernehmen?“. Seit dem letzten Jahr bin ich Chefredakteurin von Luxury First, einem Luxusmagazin, wo ich all‘ mein Designfeeling reinstecken kann, für alles Schöne, was mir Spaß macht. Das ist ein Hobbybaustein und Standbein, dann die Beratungsagentur Klarcademy. Die gab es ja vorher schon, während der Praxis, da ich ja den Markennamen verkauft habe – auch ein spannendes Thema „Verkaufe deinen Markennamen“. Da mache ich Beratung, Coaching und auch mal eine Praxisvertretung. Und als drittes bin ich ganz neu bei einem Software Start-Up und bin dort im Social Media Bereich tätig und kann die Erfahrung, die ich bei Luxury First gesammelt habe, einbringen und schreibe dort Blogartikel mit kieferorthopädischem Hintergrund, ist ja auch nochmal so ein Thema für sich, das ganze Content Marketing, wie wichtig es ist. Da sind wir beim Thema Sichtbarkeit, was für die Praxen ganz wichtig ist, dass sie nach außen sichtbar werden.

Die Kurzstrategie – ganz schwierig. Darüber habe ich auch Kurse gegeben, ich nenne es den Perfect Day. Wirklich im Kopf und dann auf dem Papier diese sogenannte Customer Journey, die Kundenreise von A bis Z, durchzugehen. Da fängst du bei A an mit der ganzen digitalen Strategie und ich fange da an, wo der Patient die Praxis betritt, ob es der Hausflur ist, der Parkplatz, wie sind die Abläufe – wie möchte ich selber als Patient diese Reise wahrnehmen? Das muss ich als Inhaber einmal definieren, zusammen mit dem Team und dann wirklich von A bis Z durchgehen. Da hat man dann schon einiges zu tun, aber man merkt schnell: was stimmt nicht, wo ist es umständlich mit Papierkram, hat er schon vorher den Anamnesebogen ausgefüllt, wo kann ich effizienter werden, welche Informationen hat er schon mitgebracht über die Therapie? Er kommt ja nicht blind und ohne Idee. Wo hole ich ihn ab, mit welchen Mitteln? Dann, bis zu dem so wichtigen Moment, wie hole ich den Patient eigentlich aus dem Wartezimmer – bei uns war es die Alpinenlounge, es wird ja nicht gewartet. Mache ich das selber, macht das eine Mitarbeiterin, die darauf geschult ist? Und dann: wo gehe ich mit dem Patient hin? Der Hans Uwe Köhler predigt seit über 20, 30 Jahren: Gehe ich ins Büro oder setze ich den Patienten so ungemütlich in den Behandlungsstuhl, der will da nicht sitzen! Und wenn ich etwas für 5.000 oder 10.000 Euro kaufen möchte – nehmen wir mal an, ich bin beim Juwelier und muss mich dann so ungemütlich hinlegen und dann baumelt die Kette über mir? Nein, das will ich nicht. Also, wie gestalte ich diese Prozesse und wie kurz oder lang ist dann die Beratung, wie viele Informationen kann der Patient aufnehmen? Das geht dann bei den Behandlungen weiter: wie viele Termine brauche ich, muss der Patient wirklich noch zehn-, zwanzigmal herkommen? Ich war jetzt gerade am Wochenende auf einem Aligner Kurs und da war ganz klar: drei, vier Termine dafür. Ich habe moderne Tools, wo ich die Behandlung überwachen kann, ohne, dass ich als Arzt unglaubwürdig bin. Das wäre schon das nächste Thema: was ist meine Rolle als Arzt? Das gehe ich dann bis zum Ende durch, die gesamte Customer Journey, bis zum Abschluss. Da hast du auch eine Folge zu: kann ich nach einer Bewertung fragen? Na klar, ich mache ein Event draus, es ist ein Highlight: die Brackets sind runter, die Aligner sind weg – empfehlen Sie mich Ihren Freunden, Ihrer Familie und so weiter. Den Moment lasse ich mir doch nicht entgehen.

Für meine Lieblingspatienten habe ich sogar selber einen Kuchen gebacken, nicht die für mich. Weil ich gedacht habe „Wir sehen uns nicht mehr, was mache ich jetzt“. Also wirklich, definiere diese Reise, dann merkst du auch schnell, welche Patienten du haben möchtest und welche nicht.

Und dann: man muss natürlich üben. Man muss sich Zeit nehmen, wöchentlich zwei Stunden, einen Tag pro Monat, die Strategiemeetings – egal wie, du musst es trainieren. Wenn deine Mitarbeiter noch nie im Sternerestaurant essen waren oder im 3,4 Sterne Hotel Urlaub gemacht haben, sondern nur auf dem Campingplatz, du aber erwartest, dass sie so agieren – wie soll das funktionieren?

Nur wenn du es trainierst, kannst du als Gesamtkonzept funktionieren.

Sascha: Ja, das ist ein sehr wertvoller Gedanke. Ich höre auch, dass immer mehr Praxen sich Mitarbeiter aus Hotellerie und co. reinholen, weil die einen ganz anderen Service Hintergrund haben. Das fand ich auch sehr spannend. Unter uns: was glaubst du, was die größten Herausforderungen sind für eine Praxis, den Schritt zu einer Marke zu gehen? Sind es auch Persönlichkeitsthemen oder fehlt das Wissen? Was sind die Hürden, die sie gehen müssen?

Marie: Es ist oft wirklich eine Typsache. Die Kollegen, die schon erfolgreich sind, setzen noch eins drauf, die machen mit, die setzen noch eins drauf, die siehst du auch bei jeder Fortbildung. Und dann siehst du die graue Masse, die untergeht, die wollen auch nicht sichtbar werden. Da muss ich klar sagen, da müssen die Inhaber erstmal an sich selber arbeiten. Das ganze Thema Selbstcoaching haben wir noch gar nicht bearbeitet. Ich bin seit zehn Jahren sehr konsequent immer beim Coaching gewesen, bei unterschiedlichen Coachees für unterschiedliche Themen, um mich selber weiterzuentwickeln. Auch das Thema Praxisverkauf habe ich mit meinem Coach erarbeitet und alles Für und Wider besprochen. Du siehst, ich mache ganz andere Sachen als früher, ich muss sehr weit ausholen, um meinen Kunden abzuholen. Da ist auch der Netzwerkgedanke sehr wichtig. Ich kann ja nicht jeden Kunden erreichen, aber ich kann abschätzen: wo steht der Arzt, wo fangen wir an? Manchmal muss man klar sagen – ob es zum Beispiel im familiären Bereich ist, räume da erstmal auf und dann gehen wir in die Praxispositionierung. Arbeite erstmal ein paar Themen auf, das macht dann ein externer Coach. Es gibt nicht den ultimativen Tipp, aber viele scheuen sich, an sich selbst zu arbeiten.

Sascha: Ja, das ist auch mein Thema der letzten Zeit. Ich kriege viele Anfragen nach dem Motto „Wir wollen Neupatienten“, aber wenn ich dann ein paar Nachfragen stelle, kommen ganz andere Themen hoch. Zum Beispiel: „Ich traue mich nicht, nach Bewertungen zu fragen“, entweder weil ich es nicht nötig habe oder weil ich mich unwohl dabei fühle, jemanden um etwas zu bitten. Daran kann man schnell sehen, dass ich da gar nicht helfen kann. Ich kann Taktiken umsetzen, aber man sieht den Punkt in der Persönlichkeitsstruktur. Ich höre immer sehr viel raus aus den Antworten, die ich bekomme. Das ist auch der Weg, den ich gerade einschlage: Sichtbarkeit ist das eine, aber was macht man sichtbar und wen und mit welchen Werten? Aus eigener Erfahrung: ich habe vor fünf, sechs Jahren angefangen, mir externe Coachees und Berater zu holen. Das ist für mich ein Game Changer gewesen, man kommt einfach mal raus aus der Denkweise. In meinem BWL Studium oder auch im Zahnmedizin Studium lernt man sowas nicht. Aber gerade ein Praxisinhaber muss eine Führungspersönlichkeit sein – nur dann kann ich eine Praxis zu etwas entstehen lassen. Natürlich, mehr Patienten, bessere Zahlen, kriegt man irgendwie hin, aber das muss von unten durchdrungen sein, von der Seele aus kommen und mit einer starken Vision.

Marie: Man sieht es ja auch bei der Industrie. Die Fortbildungen gehen weg von den reinen Produkten hin zu ganzen Konzepten, in die das Produkt integriert, ist, aber auch Marketingthemen, Kommunikationsthemen, Führungsthemen Inhalte der Fortbildung sind, weil das wichtig ist. Auch Teamkurse, wo Chef und das gesamte Team integriert sind und sie gemeinsam Strategien erarbeiten.

Sascha: Noch zwei Fragen zum Schluss: zum einen, wie erreicht man dich, wenn man Kontakt mit dir aufnehmen möchte und wem kannst du helfen?

Marie: Ihr findet mich natürlich online, aber Schande über mein Haupt, meine Website ist immer noch nicht fertig, da steht mir der Perfektionismus im Wege. Aber ihr findet meine Kontaktdaten, ihr findet es über Instagram, über Luxury First, über Klarcademy. Wer mich finden will, findet mich auf jeden Fall.

Je nach zeitlichen Reserven biete ich auch Strategiegespräche an mit Praxisinhabern: wo will man hin, wo steht man, wo geht die Reise hin, was ist die Strategie? Da vermittle ich die richtigen Ansprechpartner oder übernehme Dinge selber. Es geht alles rund um das Thema Praxismanagement, Social Media Aufbau, alles was reinpasst, und natürlich Markenpositionierung, denn ich mache sie zum Markenbotschafter ihrer Praxis.

Sascha: Meine zweite Frage: liegt dir noch etwas auf dem Herzen, das du noch loswerden möchtest?

Marie: Da gibt es bestimmt eine Menge, aber spontan noch etwas, das zu meiner persönlichen Historie ganz gut passt: stop, look, choose. Sprich, einfach mal innehalten und schauen: Wo stehe ich? Nicht immer höher, schneller, weiter, das ist einfach in meinen Augen nicht die Lösung. Schau, was für dich passt. Sind die Modelle, die du vor zehn, fünfzehn, zwanzig Jahren angefangen hast, immer noch die Richtigen? Muss es noch eine Praxis mehr sein oder will ich mich vielleicht lieber ganz spitz aufstellen und meine Fähigkeiten, die ich über die Jahre präzisiert habe, da wo ich Experte drin bin, nur noch diese Sachen machen, mit den Patienten, die ich möchte und mich da weiterentwickeln? Und dann wähle: love it, change it or leave it – nächster kluger Spruch. Raus aus dem Hamsterrad, nehmt euch die Zeit, mal wirklich anzukommen, zu überlegen, was ihr macht und erst dann den nächsten Schritt gehen. Nicht immer in alle Richtungen ausschwärmen, das bringt nichts und holt euch irgendwann ein. Also, innere Einkehr, zur Ruhe kommen und dann losgehen – das ist mein kleines Statement zum Ende.

Sascha: Ein schöneres Statement hätte es kaum geben können. Auch ich bin der Meinung, dass die Innenschau so wichtig ist. Ich habe in den letzten Tagen erkannt, was das bringt, wenn man sich nur Zeit für sich nimmt. Ich war auf einem Seminar die letzten Tage und es ging nur um mich und meine Werte, meine Visionen, das, was mir wichtig ist. Sich diese Zeit zu nehmen ist wichtig, nur dann kann man auch andere inspirieren. Du hast mich auf jeden Fall inspiriert mit deinem Inhalt und ich bin mir sicher, dass es den Zuhörern und Zuhörerinnen genauso geht.